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von Tobias Miller
Wegen des neuen Kita-Gesetzes wird es künftig weniger Erzieherinnen geben. Kinder werden zu unterschiedlichen Zeiten kommen und gehen, einige tageweise ganz fehlen. Und kleinere Einrichtungen werden es gar nicht überleben. Das erwarten zumindest die freien Träger von dem Gesetz, das in nicht einmal vier Wochen vom Parlament verabschiedet werden soll. Es werde zu einer "schleichenden Standardverschlechterung" kommen, kritisiert der Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks). Der Vorsitzende des Landeselternausschusses Kita, Robert Podolski, fürchtet, dass "eine kontinuierliche Arbeit mit den Kindern extrem erschwert oder gar unmöglich gemacht wird".
Am Personalschlüssel und an den Zugangskriterien zur Kita habe sich nichts geändert, hatte Bildungssenator Klaus Böger (SPD) gesagt, als er den Gesetzentwurf präsentierte. Das stimmt für den Personalschlüssel. Allerdings werden die Kriterien verändert, die bestimmen, wie lange ein Kind in die Kita darf. Die Jugendämter werden künftig weniger Stunden genehmigen können, sagt die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Ramona Pop. So soll künftig nur noch die durchschnittliche Monatsarbeitszeit der Eltern berücksichtigt werden. Bislang ist der längste Arbeitstag ausschlaggebend dafür, wie lange ein Kind in der Woche in der Kita bleiben darf. Die genehmigte Kita-Zeit ist aber die Grundlage für die Personalausstattung. Die Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, der Daks und der Landeselternausschuss kritisieren außerdem die starke Ausrichtung der Betreuungszeiten an der oft flexiblen Arbeitszeit der Eltern. Das werde dazu führen, dass es in vielen Kita-Gruppen nur noch wenige gemeinsame Zeiten gibt, in denen eine sinnvolle pädagogische Arbeit möglich ist, sagt Daks-Sprecher Roland Kern.
Das Kita-Gesetz musste neu gefasst werden, weil mit Beginn des neuen Schuljahres im August die Horte von den Schulen übernommen werden. Dann muss das Gesetz in Kraft treten - das Parlament muss spätestens am 16. Juni beschließen. Das Tempo sei für eine ordentliche Beratung viel zu kurz, kritisiert die Opposition. Auch inhaltlich teilen CDU, Grüne und FDP die Kritik und die Sorgen der freien Träger. "In den Kitas wird es keine stabile Betreuungssituation geben", sagt Sascha Steuer, Jugendexperte der CDU-Fraktion. Sein FDP-Kollege Sonnig Augstin fürchtet den Verlust der kleinen Einrichtungen. "Da geht viel privates bürgerschaftliches Engagement verloren."
Berliner Zeitung, 23.5.05 |
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