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Viel Kritik im Abgeordnetenhaus / Bedingungen werden verschärft
von Tobias Miller
Es ist das letzte große Reformwerk, das Bildungssenator Klaus Böger (SPD) in dieser Legislaturperiode dem Parlament vorlegt. Ein neues Gesetz, mit dem die Berliner Kitas endgültig als Bildungseinrichtungen gelten werden. Das klingt harmlos - doch der Widerstand dagegen wird immer massiver. Hauptkritikpunkt von Eltern, Erziehern, freien Trägern, der Opposition und der Gewerkschaft: Die Kinder werden voraussichtlich weniger Zeit in den Kitas verbringen. Denn die Kriterien, nach denen die Bezirke die Stundenzahl genehmigen, die ein Kind in der Kita sein darf, werden verschärft.
Viel Zeit, Änderungen durchzusetzen, haben die Kritiker aber nicht mehr. Am Montag beschäftigte sich erstmals das Parlament mit dem Entwurf. Aber spätestens Mitte Juni, kurz vor der Sommerpause, will die SPD-PDS-Kolition das Gesetz verabschieden. Es muss bis zum 1. August, dem Beginn des nächsten Kita-Jahres, in Kraft treten.
In dem Gesetz wird das hochgelobte Kita-Bildungsprogramm, das im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, zur verbindlichen Grundlage für die Arbeit der Erzieher gemacht. Es verlangt individuelle Förderung und eine deutlich aufwändigere Dokumentation dessen, was die Kinder gelernt haben. Zugleich müssen die Eltern aber künftig jedes Jahr nachweisen, dass sie für ihr Kind noch Kita-Stunden benötigen.
Kein Recht auf einen Hortplatz Es soll auch nicht mehr der jeweils längste Arbeitstag für die genehmigten Stunden ausschlaggebend sein, sondern nur noch eine durchschnittliche Monatsarbeitszeit. Arbeitslose haben nur noch einen Anspruch auf einen Halbtagesplatz. Einen Hortplatz in der fünften und sechsten Klasse sollen sie gar nicht mehr beanspruchen dürfen. Wenn Kinder längere Zeit unentschuldigt fehlen, besteht die Gefahr, dass sie ihren Betreuungsvertrag verlieren. Da aber wiederum die genehmigten Betreuungsstunden das Maß sind für die Zahl der Erzieherinnen in einer Kita, befürchten die Kritiker zudem, dass die Ausstattung in den Einrichtungen noch schlechter wird.
Das ist der zentrale Widerspruch zwischen dem Bildungsanspruch und der Einschränkung der Kita-Zeiten. Vier von fünf Experten wiesen am Montag bei der Anhörung im Jugendausschuss auf diese Diskrepanz hin. Das neue Gesetz wurde nur von Sigrid Klebba, SPD-Jugendstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg, verteidigt. Der Bildungsanspruch des Kindes stehe nicht im Mittelpunkt des Gesetzes, sagte dagegen Martin Hoyer, der für die Liga der Wohlfahrtsverbände sprach. Nach seinen Worten haben die Träger und vor allem die Eltern kein Vertrauen mehr in die Zusage der Koalition, es solle keine Verschlechterungen geben. Man beschäftige sich in dieser Legislaturperiode schon zum dritten Mal mit dem Kita-Gesetz. "Beim ersten Mal ging es um Kürzungen bei den Kita-Leistungen, beim zweiten Mal um die Erhöhung der Elternbeiträge", sagte Hoyer.
Die Zeit drängt Das Kita-Gesetz muss bis Mitte Juni verabschiedet werden, weil mit ihm auch der Übergang der Horte von den Kitas an die Schulen geregelt wird. Die Hortverlagerung ist aber in allen Bezirken nahezu umgesetzt. Für den gesamten Prozess fehlt allerdings bislang die Rechtsgrundlage. Die letzte Parlamentssitzung vor der Sommerpause findet am 16. Juni statt. Um die Beteiligung der Abgeordneten an dem Kita-Gesetz sicherzustellen, war deshalb die Sondersitzung des Jugendausschusses angesetzt worden.
Berliner Zeitung, 31.5.05 |
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