Am 16. Juni hat das Berliner Abgeordnetenhaus das Kindertages-betreuungsreformgesetz verabschiedet. Wir hatten im letzten Rundbrief über den Referentenentwurf berichtet, der weitreichende Verschlechterungen für den Kitabereich vorsah. Dieser Entwurf, die dazu abgegebenen Stellungnahmen (auch vom DaKS), die nachfolgenden Gesetzesvorlagen, der endgültige Beschluss, aber auch Pressestimmen, offene Briefe etc. sind auf der vom DaKS eingerichteten Website www.kitareformgesetz.de nachzulesen. Noch einmal kurz zur Rekapitulation: mit dem neuen Gesetz sollen verschiedene bevorstehende oder bereits umgesetzte Änderungen im Kitabereich juristisch legitimiert werden. Konkret sind dies - die Einführung des Berliner Bildungsprogramms für Kitas - die Verlagerung der Horte in den Schulbereich - die Überführung der städtischen Kitas in sogenannte Eigenbetriebe - die Einführung einer flächendeckenden Gutscheinfinanzierung für alle Berliner Kitas Dazu müssen verschiedene Gesetze geändert werden, v.a. das Kitagesetz, das Kitakostenbeteiligungsgesetz und das Schulgesetz. Da wir in einem hoch verschuldeten Gemeinwesen leben, wurde bei dieser Gelegenheit auch gleich noch versucht, an der Kostenschraube zu drehen. Dies äußerte sich insbesondere in diversen Verschärfungen bei der Bedarfsprüfung. Außerdem sollten den Trägern von Kitas deutlich mehr Vorgaben gemacht werden. Der Referentenentwurf wurde im Februar vorgelegt. Dann hatten diverse Verbände und Institutionen, auch der DaKS, 3 Wochen Zeit für eine Stellung-nahme. Nach der obligatorischen Runde durch den Rat der Bürgermeister ging Anfang Mai eine endgültige Senatsvorlage an das Abgeordnetenhaus. In der Senatsvorlage waren zwar einige Anregungen aus den durchweg sehr kritischen Stellungnahmen eingearbeitet worden. Bei den bedeutsamen Sachen hatte sich aber nichts geändert. Deshalb wurde das Gesetz auch in der am 30. Mai stattfindenden Anhörung im Jugendausschuss des Abgeordnetenhauses von fast allen eingeladenen Experten deutlich abgelehnt. Auch der DaKS hat dort auf die grundlegende Diskrepanz aus steigendem Anspruch an Qualität und sinkenden Personalressourcen hingewiesen und natürlich besonders auf die schwierige Situation kleiner Initiativen aufmerksam gemacht. Im Vorfeld dieser Anhörung haben wir zudem eine gemeinsame Postkartenaktion mit der GEW und dem Landeselternausschuss Kitas (LEAK) gestartet. Die Initiative dazu kam aus einer Aktionsgruppe Kitareformgesetz beim DaKS, die sich nach unserer Infoveranstaltung gebildet hatte. Aus diesem Kreis kamen auch noch zwei Aktionen zum 30. Mai. Nach der Anhörung vom 30. Mai brach in den Regierungsfraktionen heftige Betriebsamkeit aus. Was auch immer die Ursachen gewesen sein mögen (Proteste, schlechtes Presseecho, herannahende Bundestagswahl), selbst die Regierungsfraktionen schlugen Änderungen am Gesetz vor. Am 9. Juni beschloss dann der Jugendausschuss mit der Regierungsmehrheit den gemeinsamen Änderungsantrag von SPD und PDS. Damit wurden einige Verschärfungen bei der Bedarfsprüfung wieder rückgängig gemacht (weggefallen sind: Halbtagsförderung als Regelfall, jährliche Bedarfsprüfung, kein Bedarf für 3 Jahre alt werdende Kinder, kein Bedarf für Arbeitslose; abgemildert wurde die Berechnung bei wechselnden Arbeitszeiten). Auch der reduzierte Kitabeitrag für Vorschulkinder, den die Senatsvorlage abgeschafft hatte, wurde wieder eingeführt. Der Hortschlüssel von 1 zu 22 ist jetzt auch im Schulbereich gesetzlich festgeschrieben. Bei den Auflagen für die Träger kam es dagegen kaum zu Änderungen. Die Änderungsanträge der Opposition, die auch diverse Vorschläge des DaKS aufgenommen hatten, wurden durchweg abgelehnt. Das Gesetz tritt jetzt zum 1.8.05 in Kraft. Wenn die dazugehörigen Rechtsverordnungen vorliegen, werden wir ein neues Jahrbuch herausbringen, in dem dann die Neuregelungen ausführlich beschrieben werden. Jetzt hier schon mal ein kurzer Ausblick auf die Auswirkungen für Kinder- und Schülerläden: Auch wenn es nicht ganz so schlimm wird, wie man befürchten musste - bei der Bedarfsprüfung ändert sich einiges. Neu eingeführt wird eine erneute Bedarfsprüfung zum 3. Geburtstag. Unter welchen Voraussetzungen es in Zukunft auch befristete Bedarfsbescheide geben wird, wird die neue Rechtsverordnung klären. Für Leute mit wechselndem Betreuungsbedarf gibt es eine hochkomplizierte neue Regelung: Zwar soll die Berechnung nach einem monatlichen Durchschnitt eingeführt werden, jedoch unter Berücksichtigung einer ständigen Anwesenheit des Kindes am Vormittag. De facto wird bei den meisten dann ein Teilzeitplatz herauskommen (wo jetzt das Recht auf ganztags bestünde und der Senat gerne halbtags eingeführt hätte). Ebenfalls festgeschrieben wurde die Einführung eines neuen IT-gestützten Finanzierungsverfahrens ab 2006. Dazu mehr im nächsten Artikel. Für die Betreuungsverträge werden mit dem Gesetz einige neue Vorgaben gemacht. So sollen Eltern zukünftig das Recht haben, einseitig den Betreuungs-umfang zu reduzieren, ohne dass der Träger dagegen Einspruch erheben kann. Auch wird die maximale Kündigungsfrist auf 2 Monate festgelegt und die Träger werden verpflichtet, auch während der Schließzeiten für alternative Betreuungs-angebote zu sorgen, was seit 1.1.05 eine bundesgesetzliche Verpflichtung ist. Bei den Personalschlüsseln hat sich nichts geändert, was sich Senator Böger sehr zugute hält. Vom Abgeordnetenhaus gestrichen wurde die Passage, dass mit dem gesetzlichen Personalschlüssel auch alle Ausfallzeiten sowie Vor- und Nachbereitung abschließend geregelt seien. Dies eröffnet zumindest theoretisch die Möglichkeit zu Nachverhandlungen im Rahmen der Gespräche um die Qualitätsentwicklungsvereinbarung (siehe gesonderten Artikel). Neu ist auch, dass die Kitakostenbeiträge, beginnend mit dem Jahr 2006 zukünftig durch die bezirklichen Jugendämter berechnet und jährlich überprüft werden sollen. Neben der Stellensicherung im Öffentlichen Dienst soll damit vor allem eine Möglichkeit des Hineinregierens in die Betreuungsverhältnisse geschaffen werden. Bei den Elternbeiträgen wurde der reduzierte Vorschulbeitrag nun doch erhalten, obwohl seine ursprüngliche Begründung, die Existenz der kostenfreien Vorklassen, nicht mehr existent ist. Im Hortbereich gibt es jetzt je nach Modul/-kombination unterschiedliche Elternbeiträge, wobei die jetzigen Hortbeiträge die Obergrenze (für die Betreuung von 6-18 Uhr = Hort 5) darstellen. Die meisten Horteltern werden also weniger zahlen müssen. Der größte Brocken liegt aus unserer Sicht natürlich in der Änderung des Schulgesetzes. Damit ist die Verlagerung der Horte in die Schulen nun auch gesetzlich geregelt. Und damit auch das Ende der großen Mehrheit der Schülerläden. Die vom DaKS geforderte Verankerung der besonderen Förderung selbstorganisierter Betreuung auch im Schulgesetz wurde nicht verwirklicht. Stattdessen steht jetzt im Gesetz, dass die Schulen mit Jugendhilfeträger kooperieren sollen. Diese Formulierung wäre vor einem Jahr ganz hilfreich gewesen. Jetzt kommt sie zu spät. Die Halbierung des Integrationszuschlags für A-Kinder im Hort wurde nicht zurückgenommen.
EKT-Rundbrief des DaKS, Juni 2005)
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